Finfluencer im Finanz-Marketing:

Eine kritische Betrachtung der Finanzberatungslandschaft
von Annemarie Hopf
Der Begriff „Finfluencer“ hat sich schon länger in der Social Media Welt etabliert. Finanz-Influencer sind auf Social-Media-Plattformen und nutzen ihre Reichweite, um Finanzwissen zu verbreiten – von der Anlageberatung bis hin zu Tipps zur Vermögensbildung. Doch wie seriös sind diese Finanzratgeber? Welche Auswirkungen haben sie auf die Finanzberatung in Deutschland und wie können Unternehmen diese gezielt in ihren Marketing-Strategien einsetzen?
Die Rolle der Finfluencer
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat mit einem neuen Merkblatt für die Anlageberatung klare Leitlinien formuliert, die die wachsende Präsenz von Finfluencern kritisch hinterfragen. Laut BaFin erfüllen sogenannte Finfluencer nicht den Tatbestand der Anlageberatung, da sie anders als z. B. Berater einer Kapitalverwaltungsgesellschaft, keinen direkten Kontakt zu ihren Followern haben und es sich dementsprechend nicht um eine „Abgabe von persönlichen Empfehlungen an Kunden“ handeln wird, die Empfehlung aber insbesondere nicht auf eine „Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt“ oder als „für ihn geeignet dargestellt“ sein wird. Darüber hinaus wird eine Anlageberatung hier regelmäßig ausscheiden, da Finfluencer ihre Empfehlungen üblicherweise „ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit“ bekannt geben.
Vor- und Nachteile der Finfluencer
Sie haben zweifellos eine bedeutende Rolle im Finanzwesen der Zukunft. Sie schaffen es, ein jüngeres Publikum anzusprechen, das oftmals weniger Vertrauen in klassische Finanzberatung hat. Ihre Inhalte sind oft locker, unterhaltsam und leicht verständlich, was das komplexe Thema der Finanzplanung zugänglicher macht. Gerade für junge Menschen und Einsteiger im Finanzbereich senken sie die Hemmschwelle, sich mit Finanzen, Investitionen und Altersvorsorge zu beschäftigen. Besonders die Generationen Y und Z setzen vermehrt auf Finfluencer.
53 Prozent der von BaFin Befragten haben schon einmal Informationen zu Finanzthemen von Finfluencern erhalten, 2 Prozent wissen es nicht. 88 Prozent der Befragten, die schon einmal Informationen zu Finanzthemen von Finfluencern erhalten haben, erhielten einen Anlagetipp. 68 Prozent der Anlagetipps waren für Aktien, 57 Prozent für Kryptoanlagen und 27 Prozent für Beides.
Finfluencer sprechen sowohl finanziell gut situierte als auch einkommensschwächere Gruppen an – ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber traditioneller Finanzberatung.
Darüber hinaus bieten sie regelmäßig interessante Einblicke in aktuelle Finanzprodukte oder Märkte, die für viele als nützlich empfunden werden können.
Dennoch gibt es eine Kehrseite der Medaille. Viele Finfluencer sind keine ausgebildeten Finanzberater und bieten daher keine fundierte, individuelle Beratung an. Ein Produkt kann für eine Person passend sein, für die andere wiederum überhaupt nicht – dies wird von Finfluencern oft nicht berücksichtigt. Ihre Ratschläge können, auch wenn sie gut gemeint sind, für den einzelnen Anleger riskant sein, vor allem, wenn es um spezifische Anlageentscheidungen geht.
Ein weiteres Problem ist die mangelnde Verantwortung, die Finfluencer übernehmen. Anders als traditionelle Berater, die durch gesetzliche Regelungen wie die der BaFin verpflichtet sind, sich haftbar zu machen, sind Finfluencer in der Regel nicht zu ähnlichen Verpflichtungen angehalten. Sollte ein Anleger aufgrund der Empfehlungen eines Finfluencers auf Verluste stoßen, gibt es keine verlässliche Rückgriffsmöglichkeit.
Finfluencer als Marketing-Instrument
Etwas anders sieht es aus, wenn Finfluencer nicht allein agieren, sondern mit einem Finanzunternehmen zusammenarbeiten.
Unternehmen, die Finfluencer als Marketing-Instrument nutzen, profitieren von der Möglichkeit, ihre Produkte oder Dienstleistungen in einem authentischen und weniger aufdringlichen Kontext zu präsentieren. Anders als klassische Werbung, die häufig als störend wahrgenommen wird, wirken die Empfehlungen von Finfluencern oft natürlicher und können so das Vertrauen der Zielgruppe stärken.
Zudem können Finfluencer Finanzprodukte in einer Vielzahl von Formaten vorstellen: von Videos über Tutorials und Erfahrungsberichte bis hin zu Blogs und Podcasts. Diese Vielfalt ermöglicht es Unternehmen, ihre Botschaften auf verschiedene Arten und in unterschiedlichen Kontexten zu verbreiten.
Für erfolgreiche Partnerschaften mit Finfluencern sind einige Kernpunkte zu beachten: Die Auswahl sollte nicht nur nach Reichweite, sondern vor allem nach thematischer Eignung und Engagement-Rate erfolgen. Langfristige Kooperationen wirken authentischer als Einmalaktionen. Während kreativer Spielraum gewährt werden sollte, ist ein klares Compliance-Briefing unerlässlich.
Trotz der vielen Vorteile gibt es auch Herausforderungen bei der Zusammenarbeit mit Finfluencern. Die wichtigste davon ist, sicherzustellen, dass die Kooperation transparent und ethisch korrekt erfolgt. Follower könnten Misstrauen hegen, wenn sie das Gefühl haben, dass ein Finfluencer Produkte nur aus finanziellen Gründen bewirbt und nicht aus Überzeugung. Daher ist es entscheidend, dass Unternehmen und Finfluencer auf Transparenz achten, indem sie zum Beispiel gesponserte Inhalte klar kennzeichnen und ehrlich über ihre Partnerschaften kommunizieren.
Ein weiteres Risiko besteht in der Regulierung. Der Finanzsektor unterliegt strengen rechtlichen Vorschriften, und unvorsichtige oder unklare Werbung könnte rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Es ist daher wichtig, dass sowohl Finfluencer als auch Unternehmen die gesetzlichen Anforderungen und regulatorischen Richtlinien für Finanzwerbung genau kennen und einhalten.
Neben der Werbekennzeichnungspflicht nach UWG spielen die MiFID II-Richtlinien eine zentrale Rolle, die eine ausgewogene Darstellung von Chancen und Risiken bei Finanzinstrumenten fordern. Bei bestimmten Produkten gelten Prospektpflichten, während die Market Abuse Regulation Marktmanipulation verbietet. Finanzunternehmen tragen letztlich die Verantwortung für die Einhaltung dieser Vorgaben in ihrer Kommunikation.
Fazit: Ein zweischneidiges Schwert
Finfluencer haben die Finanzberatung revolutioniert, indem sie Finanzwissen in eine für eine breite Masse verständliche und zugängliche Sprache übersetzen. Ihre Angebote bieten für viele eine gute Möglichkeit, sich mit Finanzthemen auseinanderzusetzen, insbesondere für die junge Generation. Allerdings sollte sich jeder potenzielle Anleger der Risiken bewusst sein. Wer sich auf die Ratschläge von Finfluencern stützt, muss mit der Unsicherheit und der fehlenden Haftung rechnen, die damit einhergehen.
Die BaFin hat mit ihrem Merkblatt einen wichtigen Schritt unternommen, um diese Lücke zu schließen und sicherzustellen, dass Finanzberatung weiterhin auf fundiertem Wissen und Verantwortung basiert: Anleger sollten stets die Quelle ihrer Informationen hinterfragen und im Zweifelsfall auf zertifizierte Finanzberater zurückgreifen.
Wenn Unternehmen Finfluencer in Ihrer Marketing-Strategie einsetzen, müssen sie sicherstellen, dass die Zusammenarbeit transparent, ethisch und gesetzlich korrekt erfolgt, um das Vertrauen der Zielgruppe nicht zu gefährden und das volle Potenzial der Finfluencer zu nutzen.
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Autorinnen
Annemarie Hopf
Online Marketing & Communications Manager

Schon während ihres Studiums in Literatur und Sprachwissenschaft fand Annemarie ihre Leidenschaft für guten Content und die spannenden Möglichkeiten rund um das Thema Online Marketing. Über ein Praktikum Ende 2020 fand sie schließlich ihren Weg zu CURE und unterstützt nun das Team in den Bereichen Kommunikation und Marketing. Zudem ist sie Teil des Redaktionsteams von FONDSTRENDS.LU und immer auf der Suche nach spannenden News aus der Finanzbranche.

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