Wie Finanzmarken wachsen – wenn der Nutzungskontext passt
Fallen wir gleich mit der Tür ins Haus: Eine erfolgreiche Marke muss nicht nur im Kopf und in den Herzen der Kunden verankert, sondern in den zu ihr passenden bzw. anvisierten Nutzungskontexten präsent sein. Leicht gesagt – aber wie gelingt das in der mitunter komplexen Finanzwelt?
Fangen wir mit den Nutzungskontexten an. Diese Rahmenbedingungen für Interesse, Berücksichtigung & Co., angelehnt an die Category Entry Points (CEPs) des australischen Marketing-Gurus Byron Sharp, sind besonders wichtig, um Marken für Menschen präsent und relevant zu halten. Richtig gemessen und angewandt, bieten die CEPs einen sehr konkreten Nutzen für ein spezifisches Bedürfnis in bestimmten Situationen.
Das Zusammenspiel von Kopf, Kontext und Herz schafft dann die richtige Dynamik. So werden neue Zielgruppen erschlossen – und bestehende Zielgruppen besser durchdrungen sowie fester an die Marke gebunden. Ob Liqid, Deutsche Bank oder Sparkassen: Für Finanzmarken, in oft sachlichen oder anspruchsvollen Kontexten, ist entscheidend, sich als prototypischen, kompetenten Vertreter ihrer gewünschten Kategorie zu positionieren und zugleich eine starke emotionale Bindung zu ihren Nutzenden aufzubauen. So gelingt nachhaltiges Markenwachstum – und so bleiben Sie in einem umkämpften Marktumfeld sichtbar und erfolgreich.
Bestimme die Spielregeln – sei der Prototyp
Eine Marke, die prototypisch ist für eine Kategorie, etwa Online-Geldanlage, setzt die Maßstäbe und profitiert am meisten vom generischen Wachstum der Kategorie. Für Finanzmarken bedeutet dies, dass sie sowohl durch ihre Leistungen als auch die Kommunikationsmaßnahmen drumherum als Synonym für finanzielle Sicherheit und Kompetenz wahrgenommen werden müssen. Achtung, Marketers, bitte keine Was-Kommunikation nach dem Motto: „Hier ist mein Online-Geldanlage-Angebot, es ist toll und sicher – und jetzt schau‘ mal, dass du es immer benutzt“. Besser ist, das Warum auszusprechen und erlebbar zu machen, etwa: „Ich weiß, worauf du beim Sparen wert legst, was dich in diesem Zusammenhang bewegt – meine Marke passt hier am besten zu dir“. Das ist gelebte Customer Centricity im besten Sinne des Wortes.
Ein recht gutes Praxisbeispiel hierfür ist nach unseren jüngsten Erhebungen die Deutsche Bank, die sich durch ihr gut wahrnehmbares Portfolio und globale Marken-Präsenz ein starkes Image als führende Finanzinstitution aufgebaut hat. Sie steht, trotz aller Streitbarkeit auch ihrer Fondstochter DWS, für Langfristigkeit – und kommt vielen Menschen als erstes im Kontext von Sparen und Altersvorsorge in den Sinn.
Emotionale Bindung: Werte teilen, Loyalität stärken
Die emotionale Bindung der Nutzenden an eine Marke ist stärker, wenn die gleichen Werte geteilt werden. Dies führt zu einer tiefgreifenderen und belastbareren Beziehung. Anleger:innen, die beispielsweise bei Deka, der Fondsgesellschaft der Sparkassen, investieren, schätzen nicht nur die verlässliche Renditeaussicht der praxiserprobten Geldanlagen, sondern auch die nachhaltigen und sozialen Investitionsansätze, die immer wieder offengelegt werden. Diese Werteübereinstimmung schafft Vertrauen und Loyalität – und das geht weit über den reinen bzw. originären Produktnutzen (= Rendite und finanzielle Absicherung) hinaus. Das ist der Kitt, der verbindet – und individuell emotional wie rational eint. Übrigens, dies kann Menschen ein gutes Stück des Halts geben, der insbesondere in Kriegs- und Krisenzeiten schneller mal verloren geht.
Über den Kirchturm hinaus: Gewinnung von Non-Usern
Das Potenzial zur Gewinnung von Nicht-Nutzenden (oder: Neu-Kund:innen) ist ein weiterer wichtiger Wachstumstreiber für jede Marke. Finanzmarken müssen deshalb verschiedene Zugangspunkte und Ansätze bieten, um neue Zielgruppen zu erreichen. Nochmals der Beispielfall Deutsche Bank. Für sie heißt dies, profilscharfe Finanzprodukte und -storylines zur Vermarktung zu entwickeln, die noch authentischer auf junge Erwachsene ausgerichtet sind. Dies kann bedeuten, Werbung noch anschaulicher und nutzwertiger als bisher insbesondere in den Lieblingskanälen der Zielgruppe(n) auszuspielen. Heißt auch: Klassische Retail-Medien sind dabei vernachlässigbarer.
Category Entry Points: wesentliche Nutzungssituationen voll auskosten
Wie erwähnt, Marken wachsen, wenn sie an möglichst viele Nutzungsanlässe und Bedürfnisse gebunden sind. Nutzungsanlässe können eine Bonusauszahlung oder ein Erbe sein. Bedürfnisse sind oft intrinsisch manifestiert, etwa der Wunsch nach langfristigem Vermögensaufbau oder verlässlicher Ruhestandssicherung. Hier muss die Marke tiefenverankert verfüg- und erfahrbar sein. Als Beispiel: Deka hat durch ihre 24/7 zur Verfügung stehende und positiv erlebbare digitale Anlageplattform bevestor den Zugang zur Geldanlage unter anderem für die Generation Z vereinfacht, passend zu Lebenssituation und Bedarf. Der „Chill mal!“-Zeitgeist wird über den Claim „So entspannt kann Geldanlage sein“ adressiert. Einsteiger können unterm Strich, auf Wunsch gecoacht, erste ETF-Sparpläne starten – und erfahrenere Anleger gezielt nach Gusto ihre Portfolios diversifizieren.
Die Binsenweisheit zuletzt: Marke in den Köpfen und Herzen verankern
Marken wie Submarken müssen dabei über einen aktuellen Anlass und Bedarf hinaus dauerhaft in den Köpfen und Herzen der Menschen verankert bleiben. Dies gelingt nicht im Handumdrehen. Hierfür sind eine klar wahrnehmbare, aber flexibel ausrichtbare Positionierung, konsistente Kommunikation sowie Auf- und Ausbau von emotional-rationalen Verbindungen essenziell. Dies kostet strategische Disziplin und operative Kraftanstrengung – aber der Ertrag ist kostbar und jeden Schweißtropfen wert.
Und wie erhält Ihre Marke mehr Muskeln?
- Abfrage von Geldanlage-Gründen: Identifikation spezifischer Nutzungsanlässe und Bedürfnisse, die für die Zielgruppe besonders relevant sind.
- Ganzheitliche Beschreibung des Anlasses und Use Cases: Analyse der Relevanz und Durchdringung sowie der zugrundeliegenden Bedürfnisse in diesen Situationen.
- Markenerwägung und -nutzung: Untersuchung der Markenbekanntheit und -präferenz in verschiedenen Nutzungskontexten.
- Situationsverständnis: Detaillierte Beschreibung und Messung der Nutzungssituationen über die Zeit hinweg.
Messen Sie, was Sie machen – sonst bleibt nur Bauchgefühl. Also besser eine tragfähige Arbeitsgrundlage mit KPIs schaffen, die Ihnen faktisch zeigen, wie gut Ihre Marke in den Köpfen der Zielgruppe(n) über CEPs verankert ist.
Möglich sind – auch im Mix:
- Mental Market Share: Verhältnis der Markenassoziationen im Vergleich zu Wettbewerbern.
- Mental Penetration: Anzahl der Personen mit mindestens einer Assoziation zwischen Marke und Nutzungssituation.
- Network Size: Durchschnittliche Anzahl der Assoziationen pro Person.
- Share of Mind: Mental Market Share bei Personen mit mindestens einer Assoziation.
Finanzmarken können ihr Wachstum nachhaltig sichern, indem sie sich als idealerweise prototypischer Vertreter in ihrer gewünschten Kategorie positionieren – und gleichzeitig eine starke emotionale wie funktional nutzwertige Bindung zu ihren Zielgruppen aufbauen. Dabei ist es entscheidend, dass sie in den anvisierten Nutzungskontexten präsent und hochgradig relevant bleiben, um langfristige Markenbindungen zu fördern.
Der Fokus sollte auf der Customer Centricity liegen, indem Marken die Bedürfnisse und Werte ihrer Zielgruppen verstehen und ansprechen. Durch die Erschließung neuer Zielgruppen und Nutzungssituationen sowie die kontinuierliche Messung der KPIs (und vor allem zugehöriger CEPs) können Finanzmarken ihre Marktposition festigen und ausbauen. Eine konsistente und klare Kommunikation ist dabei unerlässlich, um in einem umkämpften Marktumfeld erfolgreich zu bleiben.